Vorbemerkung
Mit der Erhebung zum Regionalmuseum durch den Hessischen Minister-präsidenten Albert Oswald während des Hessentages 1974, die wahrscheinlich u. a. auch auf die Initiative des damaligen 1. Vorsitzenden des Hessischen Museumsverbandes Hans Mangold zurückging, breitete sich im Museumsverein zunächst eine große Zufriedenheit über die Aufmerksamkeit für die jahr-zehntelange ehrenamtliche Arbeit aus. Hans Heintel erfüllte aber die im Laufe der Zeit wachsende Sorge über den erkennbaren Alterungsprozess bei der Gründergeneration. Man sann im Vorstand dann auf eine Abhilfe, da im Museumsverein, wie woanders auch, nur wenig vergleichbarer Nachwuchs absehbar war.
So entstand die Idee einer Stiftung, mit deren Hilfe der Bestand der Sammlungen, ihre Unterbringung, Dokumentation, Erforschung und Präsentation über die aktuell aktive Generation gesichert hinaus werden sollte. Nach den ersten Gesprächen ergab sich aber ein Problem: Es existierte im gemeinnützigen Museumsverein praktisch kein nennenswertes pekuniäres Vermögen, da ursprünglich (und auch dauerhaft) die meisten Investitionen privat d. h. aus den Mitteln der aktiven Mitglieder finanziert worden waren. Dazu zählte bemerkenswerterweise zunächst auch die Finanzierung von Bau- und Reparaturmaßnahmen am Hochzeitshaus selber, da sich die Stadt in einer Reihe von Fällen dazu außerstande gesehen hatte. Natürlich kamen immer wieder im Laufe der Zeit auch Zuschüsse von Land, Kreis und Stadt hinzu. Sie bildeten aber einen nicht wirklich vorhersehbaren Anteil an den Kosten für Betrieb und Anschaffungen, wozu ja u. a. auch die Bibliotheksbestände und Material für Restaurierung, Dokumentation und Inventarisierung gehörten. Dieser private Beitrag spielte im Selbstverständnis des Vereins eine große Rolle und war durchgehend in schriftlicher Form dokumentiert. Leider wurden diese Dokumente ab 2013 durch den von der Stadt Fritzlar eingesetzten Nachfolger von Dr. J.-H. Schotten systematisch vernichtet, wofür bis heute die Verantwortlichkeit ungeklärt geblieben ist.
Erhalten geblieben ist ein Nachtrag zum Stiftungsgeschäft vom 1. September 1980, in dem auf die damals wohl vorliegende Auflistung der sachlichen Vermögenswerte hingewiesen wurde.
Kurz, das Museum hatte kein bzw. kaum Geldvermögen, und so bemühte man sich in den Verhandlungen, auch von Seiten des Reg. Präs. Kassel, darum irgendwie den Wert der Sammlungsgegenstände zu beziffern, um die gesetzlichen Bedingungen für die Errichtung einer Stiftung zu erfüllen. Nach längeren Verhandlungen (1978-1980) kam dann ein Ergebnis zustande, nach dem nun in der Folgezeit verfahren worden ist.
Kommentar:
Die ursprüngliche Fassung war so gestaltet, daß die Mitglieder der Arbeits-gemeinschaft, also die „Museumsleute“ eigentlich unter sich bleiben sollten. Angesichts der Besitzverhältnisse an den (städtischen) Gebäuden, in denen sich das Museums (teils seit 25 Jahren) befand kam aber von dritter Seite die Empfehlung die Stadt Fritzlar mit einzubeziehen. Warum man dabei aber, nach den Anstößen des Landrates im Jahre 1965 zur Ausweitung als Kreismuseum und den bisherigen wie zu erwartenden zukünftigen finanziellen Zuschüssen, darauf verzichtete den Landkreis an der Stiftung zu beteiligen, läßt sich nicht mehr rekonstruieren; vielleicht gab es damals bereits gewisse politische Rücksichtnahmen.
Verfassung der Stiftung „Museum Fritzlar“
§ 1
Name, Rechtsform, Sitz
(1) Die Stiftung führt den Namen „Museum Fritzlar“.
(2) Sie ist eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts.
(3) Sie hat ihren Sitz in Fritzlar.
(4) Die Stiftung ist Mitglied des Hessischen Museumsverbandes.
§ 2
Stiftungszweck
(1) Die Stiftung dient ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken im Sinne der §§ 51 ff AO 77.
(2) Zweck der Stiftung ist, das Museum im Hochzeitshaus und im Haus Orth zu betreuen, der Öffentlichkeit in dem für den Besuch von Museen üblichen Rahmen und Zeiten ständig zugänglich zu halten, die Sammlungen nach Möglichkeit zu mehren und insbesondere den wissenschaftlichen und Bildungsauftrag des Museums im Interesse der Allgemeinheit zu fördern.
(3) Die Stiftung Ist außerdem verpflichtet, die dem Museum überlassenen Leihgaben pfleglich zu betreuen und, soweit möglich, museal auszustellen.
§ 3
Stiftungsvermögen
(1) Das Vermögen der Stiftung ist in seinem Bestand ungeschmälert zu erhalten. Ein Rückgriff auf die Substanz des Stiftungsvermögens ist nur mit vorheriger Zustimmung der Aufsichtsbehörde zulässig, wenn es der Stiftungszweck erfordert und die Stiftung In ihrem Bestand nicht gefährdet wird.
(2) Das Vermögen der Stiftung kann durch Zustiftungen des Stifters oder Dritter und durch die Zuschreibung unverbrauchter Erträgnisse erhöht werden.
(3) Liquides, für laufende Ausgaben nicht benötigtes Stiftungsvermögen, kann der Stadt Fritzlar darlehensweise zur Verfügung gestellt. werden. Das Darlehen ist mit einem Zinssatz von 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen. Die aufgelaufenen Zinsen werden am Schluß des Kalenderjahres der Darlehenssumme zugeschlagen. Bei Bedarf der Stiftung ist das Darlehen zuzüglich Zinsen in dem benötigten Umfang sofort fällig:
§ 4
Erträgnisse des Stiftungsvermögens
(1) Die Stiftung bestreitet ihre Unkosten aus Eintrittsgeldern, den Erträgnissen aus Stiftungsvermögen und etwaigen Zuwendungen Dritter.
(2) Die Erträgnisse des Stiftungsvermögens dürfen nur zur Bestreitung der Unkosten der Stiftung, zur Verwirklichung des Stiftungszweckes und zur Erhöhung des Stiftungsvermögens verwendet werden.
(3) Niemand darf durch Verwaltungsausgaben, Leistungen oder Zuwendungen, die den Stiftungszweck fremd sind, oder durch unerhältnisäßig hohe Vergütungen begünstigt werden.
§ 5
Stiftungsorgan
(1) Organ der Stiftung Ist der Vorstand.
(2) Die Mitglieder des Vorstandes über ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Sie haben Anspruch auf Ersatz ihrer Auslagen.
(3) Der Vorstand kann sich eine Geschäftsordnung geben.
§ 6
Vorstand
(1) Der Vorstand besteht aus 5 Mitgliedern, von denen ein Mitglied der Bürgermeister der Stadt Fritzlar ist oder im Fall einer Änderung der Hessischen Gemeindeordnung der ihm entsprechende Nachfolger. Zwei Mitglieder werden durch den Museumsverein (vormals Stifterverein „Ur- und Frühgeschichtliche Sammlungen Fritzlar e. V.“) benannt, davon muß ein Benannter der jeweilige 1. Vorsitzende des Vereins sein. Die zwei anderen Vorstandsmitglieder werden von den drei Benannten berufen. Falls sich der genannte Verein auflöst oder aufgelöst wird, sind die von ihm zu benennenden Mitglieder von Stiftungsvorstand zu berufen, wobei die zu Berufenen in Fritzlar ansässig und fachkundig sein sollen.
Der Vorstand wählt aus seiner Mitte den 1. und 2. Vorsitzenden sowie den Kassenverwalter und den Schriftführer.
(2) Die Amtsdauer des Vorstandes beträgt 3 Jahre. Der Vorstand bleibt bis zur Neuernennung in Amt. Wiederbenennung ist zulässig.
(3) Scheidet ein Mitglied aus, so wird für den Rest der Zeit ein Ersatz- mitglied berufen.
§ 7
Aufgaben des Vorstandes
(1) Der Vorstand verwaltet die Stiftung. Ihm obliegt insbesondere die Beschlußfassung über die Verwendung des Stiftungsvermögens.
(2) Für die laufenden Geschäfte kam der Vorstand einen Geschäftsführer und die erforderlichen Hilfskräfte bestellen. Der Geschäftsführer ist an die Geschäftsordnung und die Weisung des Vorstandes gebunden.
(3) Der Vorstand vertritt die Stiftung gerichtlich und außergerichtlich mit mindestens zwei seiner Mitglieder. Eines dieser Mitglieder muß der Vorsitzende oder der stellvertretende Vorsitzende des Vorstandes sein.
(4) Grundstücksgeschäfte sowie Darlehensaufnahmen und sonstige die Stiftung verpflichtende Rechtsgeschäfte bedürfen der Zustimmung des gesamten Stiftungsvorstandes.
§ 8
Beschlußfassung des Vorstandes
(1) Der Vorstand faßt seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit. Er ist beschlußfähig, wenn zur Sitzung schriftlich oder mündlich eine Woche vorher einberufen worden ist und mindestens drei Vorstandsmitglieder anwesend sind. Zu Beschlüssen, für die nicht mindestens drei Vorstandsmitglieder gestimmt haben, können verhindert gewesene Vorstandsmitglieder eine neue Abstimmung verlangen; das Verlangen ist unverzüglich nach Zugang des Beschlußprotokolls zu stellen. Die erneute Abstimmung muß in der nächsten Vorstandssitzung erfolgen.
(2) Ist eine Angelegenheit wegen Beschlußunfähigkeit des Vorstandes zurückgestellt worden und tritt der Vorstand zur Verhandlung über denselben Gegenstand zum zweitenmal zusammen, ist er ohne Rücksicht auf die Zahl der Erschienenen beschlußfähig. In der Ladung zur zweiten Sitzung muß auf diese Bestimmung ausdrücklich hingewiesen werden.
§ 9
Geschäftsführung
(1) Bei der Verwaltung und Anlage des Stiftungsvermögens ist die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes zu beachten.
(2) Der Vorstand wird von Vorsitzenden, In Falle seiner Verhinderung von stellvertretenden Vorsitzenden, zur Sitzung einberufen. Sitzungen des Vorstandes werden so oft durchgeführt; als dies zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung erforderlich scheint, mindestens jedoch einmal im Jahr. Der Vorstand ist außerdem einzuberufen, wenn zwei Mitglieder dies verlangen.
(3) Das Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr. Der Vorstand erstellt Innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres einen Jahresbericht und eine Jahresrechnung. Die Jahresrechnung ist innerhalb von 9 Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres, durch eine zweiköpfige Prüfungskommission zu überprüfen, die sich aus je einen Angehörigen der Stadtverwaltung Fritzlar und des Museumsvereins zusammensetzt. Mitglieder des Vorstandes und des Magistrats dürfen nicht Prüfer sein.
(4) Der Vorstand erstellt innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf des Geschäfts-jahres einen Jahresbericht und eine Jahresrechnung. Die Jahresrechnung ist innerhallb von 9 Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres durch eine zwei-köpfige Prüfungskommission zu überprüfen, die sich aus je einem Angestellten der Stadtverwaltung Fritzlar und des Museumsvereins zusammensetzt. Mitglieder des Vorstandes und des Magistrats dürfen nicht Prüfer sein. (Diese Regelung wird später, nach Einrichtung einer besonderen Geschäftsführung, anscheinend durch diese für einige Jahre außer Kraft gesetzt, und erst, auf Drängen der Stiftungs-aufsicht, erfolgt dann eine nachträgliche Erstellung der Jahresabrechnungen).
(5) Die laufende Buchführung erfolgt durch die Stadtverwaltung.
§ 10
Stiftungsaufsicht
(1) Die Stiftung unterliegt der staatlichen Aufsicht nach Maßgabe des jeweils geltenden Stiftungsrechts.
(2) Aufsichtsbehörde der Stiftung ist der Regierungspräsident in Kassel.
§ 11
Aufhebung der Stiftung, Zusammenlegung, Änderung der Verfassung
(1) Die Aufhebung der Stiftung, die Zusammenlegung mit einer anderen Stiftung und die Änderung des Stiftungszweckes sind auch ohne wesentliche Änderung der Verhältnisse zulässig.
(2) Für eine Entscheidung nach Abs. (1) ist der Mehrheitsbeschluß des Vorstandes erforderlich. Entsprechende Beschlüsse bedürfen der Genehmigung der Stiftungsaufsichtsbehörde.
(3) Verfassungsänderungen, die den Zweck der Stiftung betreffen, bedürfen der Zustimmung des zuständigen Finanzamtes.
§ 12
Anfallberechtigung
(1) Wird die Erfüllung des Stiftungszweckes objektiv unmöglich, oder stehen ihr andere nicht behebbare Hindernisse entgegen, wird das Stiftungsvermögen bei der Liquidation der Stiftung „Museum Fritzlar“ der Stadt Fritzlar oder ihren Rechtsnachfolger übertragen, die zu verpflichten sind, die Sammlungsgegenstände in ein städtisches Museum einzubringen und der Öffentlichkeit zugänglich zu halten.
(2) Ist die Stadt Fritzlar hierzu nicht in der. Lage oder nicht bereit, sollen die Sammlungen mit Auferlegung der gleichen Verpflichtungen in Einvernehmen mit den Hessischen Museumsverband, hilfsweise in Einvernehmen mit den Hessischen Landesmuseums in Kessel, einen gleichwertigen Verwendungszweck zugeführt werden. Bedingung dabei Ist jedoch, daß die Sammlungen im wesentlichen geschlossen zusammenbleiben, angemessen präsentiert und betreut werden. Zur Festlegung des endgültigen Verwendungszwecks ist der Magistrat der Stadt Fritzlar bzw. der Rechtsnachfolger der Stadt anzuhören.
3580 Fritzlar, den 11.03.1980
Kommentar:
Eine Besonderheit ergibt sich aus §6, Absatz 1: Der 1. Vorsitzende ist nicht automatisch der amtierende Bürgermeister, es kann gemäß der Satzung auch eine andere Person sein. So wirkte bis mindestens 1982 noch Hans Heintel in dieser Funktion, während der damalige Bürgermeister Reinhold Koch noch als Schriftführer fungierte; später allerdings wandte dieser ein, daß er, wenn er schon Mitglied der Stiftung sein solle, dann doch gerne den Vorsitz übernehmen würde. Das führte, gewissermaßen (aus einem persönlichen Anliegen heraus) gewohnheitsrechtlich dazu, daß bis zum heutigen Tag der Bürgermeister der Leiter der Stiftung und rechtlich damit des Regionalmuseums ist, es aber -nach der Satzung- nicht sein muss. Das ist so lange unproblematisch, wie sich aus der Doppelfunktion kein Interessenkonflikt ergibt.
Die ersten Sitzungen finden unter noch unter der Leitung von Heintel und Koch statt, wobei als interessierter Bürger Dr. Ernst-Wolrad Schotten und Fritz Rödde teilnehmen, während der städtische Angestellte Egon Schaberick das Museum vor Ort vertritt. Im November 1981 kommt aber der Kulturamtsleiter Karl-Wilhelm Lange hinzu, wodurch sich in der Stiftung das Verhältnis Stadt-Museumsverein zu verschieben beginnt.
Die Funktion eines Geschäftsführers wird seit dem altersbedingten Rückzug von Heintel nach 1986 von den jeweiligen 2. Vorsitzenden (und 1. Vorsitzenden des Museumsvereins) wahrgenommen (Marianne Schrammel und Dr. Johann-Henrich Schotten). Erst als Bürgermeister Karl-Wilhelm Lange zu seiner Unterstützung Ende 2006 den Leiter des Amtes für Zentralangelegenheiten zunächst als Schriftführer und eine Weile später zum (nicht stimmberechtigten!) Geschäfts-führer berufen lässt, ändert sich das, und damit sinkt auch der Einfluss des Vereins. Denn ab da, und nach der Berufung eines weiteren Vorstandsmitgliedes (nun also 6 Personen), sind alle anderen Beteiligten des Stiftungsvorstandes auch Mitglieder der in der Stadt dominierenden Partei, und so gerät der Vorsitzende des Museumsvereins -als städtischer Angestellter- in einen Interessen- und Loyalitätskonflikt, der bis zu seinem Ausscheiden 2014 andauert. Er bittet wegen der sich abzeichenden Probleme seinen langjährig mit ihm vertrauten Rechts-beistand um Hilfe. Dieser bestätigt ihn in seinen Befürchtungen, vermag ihm aber nicht zu helfen, da er selber vertraglich an die Stadt gebunden ist und daher seinerseits ein Interessenkonflikt sieht.
In das Jahr 2006 fällt auch ein einschneidender Vorgang, der die archäologische Arbeit am Museum zukünftig sehr beeinträchtigen wird: Im Rahmen der sich weiter ausbreitenden Sanierungsmaßnahmen im Hochzeitshaus wird durch Mit-arbeiter des Museums im Ur- und frühgeschichtlichen Fundarchiv ein starker Ungezieferbefall entdeckt, der wahrscheinlich im Laufe der Zeit durch die spezi-fische Feuchtigkeit des Hauses im Bereich der Fußbodendielen enstanden ist. In der Folge wird das Archiv geräumt und provisorisch im 2. OG. untergebracht. Das ist aber -nach Einspruch des Stadtbauneisters- aus statischen Gründen keine längerfristige Lösung. Trotz div. Vorschläge des Vereinsvorstandes für alternative Unterbringungsmöglichkeiten veranlasst die Stadt jedoch (ohne vorherige Rück-sprache) eine Verlagerung des gesamten archäologsichen Archivs in ziemlich ver-wahrloste Kellerräume eines stadteigenen Gebäudes. Die dortige Verschmutzung, Feuchtigkeit (Kartonage!), mangelnde Sicherheit und das ungeignete Ambiente für eine weitere wiss. Bearbeitung führt zum Protest der Museumsmitarbeiter, und der wiss. Leiter des Museums bittet den Bezirksarchäologen Dr. A. Thiedmann vom Hessischen Landesamt für Denkmalpflege/Abt. Bodendenkmal-pflege in Marburg, umd Besuch und Beurteilung der Situation. Seinem Besuch am 19. Juli 2006 folgt ein sofortiger Bericht vom nächsten Tage.
Der angesprochene evtl. „Transfer“ nach Kassel kann sich dabei gesetzmäßig nur auf Bestandteile der Sammlung/Ausstellung beziehen, die sich, wegen der staatl. Finanzierung der entsprechenden Ausgrabungen u. a. auf dem Büraberg, in +Holz-heim oder Geismar (z. B. durch die DFG), ohnehin eigentlich in öffentlichem Besitz befinden und nur durch die früher übliche Kooperation („Fundteilung“) zwischen Denkmalpflege und Museum in die Bestände gelangt sind. Sie bildeten nie einen genuinen Teil des lt. Satzung ja unbedingt zu erhaltenden Stiftungsvermögens! Die Reaktion der Stadtverwaltung macht das schon damals dürftige Interesse an Zustand und Bestand der archäologischen Sammlung deutlich, bis auf die Be-schaffung einiger Vorhängeschlösser erfolgen keinerlei weiteren Maßnahmen. Nach dem Jahre 2012 haben die alten Museumsmitarbeiter und ihre archäo-logischen Fachkollegen auch keinen Zugang mehr, und der neue 1. Vorsitzende der Stiftung entscheidet nach persönlichem Gutdünken über Verbleib und Erhalt der Bestände.
Der aktuelle offizielle Status stellt sich wie folgt dar (wobei zu beachten ist, daß schon seit einiger Zeit der Kassenführer nicht mehr besonders benannt wird):
Mit dem neuen Geschäftsführer der Stiftung versucht der Stiftungsvorsitzende spätestens nach dem Weggang des 2. Vorsitzenden (2015) aus finanziellen Bedürfnissen die Gültigkeit der Satzung zu relativieren (Zitat: „Verträge kann man brechen“). Dabei stößt er auf den Widerstand der Stiftungsaufsicht im Regie-rungspräsidium Kassel. Es muss (nach Zeugenaussagen) in diesem Zusammenhang zu einer lautstarken Konfrontation gekommen sein. Als nach dem Tode von Frau Abel ihre Kollegin Pfeiffer weiter auf dem Bestand beharrt, beschwert sich der Vorsitzende beim Parteikollegen und Reg. Präs. Lübke(+) über sie. Dieser stellt sie zur Rede, aber sie besteht auf der gesetzlich rechtmäßigen Regelung (lt Zeu-genaussage eines Mitglied des Stiftungsvorstandes). Man hört, daß sie in eine andere Abteilung versetzt wird. Die neue Stiftungsaufsicht scheint etwas flexibler zu reagieren, und es kommt die Frage auf, ob mit einer anderen Rechtsqualität der Stiftung zu rechnen ist.
In diesem Zusammenhang zeigen die jüngsten Informationen, daß überraschenderweise nicht mehr das Regierungspräsidium sondern das Lan-deskirchenamt Kassel als Aufsichtsbehörde der Stiftung Museum Fritzlar zu firmieren scheint; dabei soll es sich aber -lt. offizieller Stiftungsaufsicht- um ein Versehen handeln.
Inzwischen entsteht der Eindruck, daß das Rathaus immer weniger bereit ist, die rechtliche Grenze zwischen Stadt, Stiftung und Verein zu respektieren. Das äußert sich auch darin, daß die Mittel (inzwischen 250 000 €), die ursprünglich für die Renovierung und den Erhalt des Hochzeitshauses und seiner Fassade zwischen der Stadt und der der Baudenkmalpflege des Landes vertraglich vereinbart und dauerhaft gebunden waren (s. Museumsgeschichte 1994), ohne Kenntnis des Vereins durch einen Verfahrenstrick unter der Hand umgewidmet und der Neueinrichtung des Museums zugeschlagen werden, wobei in der Praxis die Leitung des Stiftungsvorstandes über die Nutzung der Mittel entscheidet. Auch die Absicht (von wem und mit wessen Zustimmung eigentlich?) die Archive von Museum und Stadt zusammenzulegen und erstere damit quasi zu enteignen, gehört zu dieser Willkürmaßnahme.
Das gibt zu der Befürchtung Anlass, daß die guten Absichten der Urheber der Stiftung von 1980, die Mitglieder der Ur- und frühgeschichtlichen Arbeitsgemein-schaft, praktisch in ihr Gegenteil verkehrt werden, denn auch der neue Vorstand des Museumsverein (s. Museumsgeschichte/Fazit 2021) bemüht sich derzeit, durch verklausulierte Satzungsänderungen die ursprünglichen Aufgaben des Vereins ad absurdum zu führen.
Mitte Januar 2024 wird bekannt, daß es in den die letzten 2 Jahren keine Sitzung des Stiftungsvorstandes mehr gegeben hat, wie es eigentlich -auch nach der allgemeinen Stiftungsordnung- für mindestens 1 mal im Jahr vorgeschrieben ist. Wann der letzte (regelmäßig geforderte und erstellte) Jahresbericht an Museumsverband und Stiftungsaufsicht erfolgt ist, läßt sich nicht mehr fest-stellen. Das gleiche scheint für Protokolle zu gelten, die man -so eine Aussage- nicht benötige. Als geradezu krimineller Verstoss gegen die Stiftungssatzung ist auch die Weggabe des Steppenelefanten-Skeletts zu betrachten, da dieses nicht nur zum unveräußerlichen Stiftungsvermögen gehört sondern auch eine hohe identitätsstiftende Bedeutung für die Geschichte von Arbeitsgemeinschaft, Museumsverein, die Stiftung und das Museum überhaupt hat.
Im Februar dieses Jahres ist zu erfahren, daß das Barvermögen der Stiftung nur noch für etwa um die 5 Monate reichen wird. Ein Hinweis darauf und die Anfrage an den Geschäftsführer (seit einiger Zeit s. o. auch ein städtischer Bediensteter) wird auf die Weise beantworten, daß kein Handlungsbedarf bestünde! Das nährt den Verdacht auf eine beabsichtigte mutwillige Zerschlagung der Stiftung von Seiten der Stadt. Zu den umstrittenen laufenden Kosten für das Stiftungsvermö-gen zählt eine monatliche Leistung von 1600 Euro an eine Reinigungsfirma, obwohl das Gebäude Hochzeitshaus sich ja in städtischem Besitz befindet, und die Stadt laut Stiftungsvereinbarung auch für die Pflege des Gebäudes zuständig ist.
Im April 2024 wird bekannt, daß seit einiger Zeit die Hessische Denkmalpflege große Umstrukturierungen plant: Alle öffentlichen (nur?) ur- und frühgeschicht-lichen Sammlungen sollen an einem zentralen Ort in Wiesbaden zusammenge-fasst werden (obwohl bereits jetzt dort ein Raummangel herrscht), das gilt offen-bar auch für Kassel und Darmstadt. Die Stelle von Dr. Irina Goerner am Landes-museum wird nach ihrer Pensionierung gestrichen (und damit wohl auch die entsprechende traditionsreiche Abteilung dort), ein Umzug der nordhessischen Bodendenkmalpflege von Marburg nach Kassel scheint aber zunächst nicht beabsichtigt. Lediglich der Komplex „Glauberg“ wird weiter gefördert und ausge-baut. Was dies für die privat organisierten Sammlungen in Fritzlar (dort als Stiftung gerade noch so geduldet und bereits beschädigt) und Gensungen be-deutet sowie für das geplante Museum in Gudensberg, läßt sich derzeit noch nicht absehen. Ob für diese Entwicklung lediglich finanzielle Gründe ursächlich sind oder politische oder gar ideologische, ist bislang nicht in Erfahrung zu bringen.