Im Jahr 1984 beginnt Frau Marianne Schrammel aus Borken die bis dahin durch August Boley und Martin Kliem vor 1960 versuchten aber eher gelegentlichen Ansätze zur Museumspädagogik, wie sie auch von Dr. J.-H. Schotten bei Führungen praktiziert wurden, systematisch in Gestalt von Kin-derkursen mit ausschließlich eigenen Mitteln auszubauen. Diese Aktivitäten werden auch von Kindergärten und Schulen gerne angenommen. Später unterstützt sie Frau Silvia Penka, Bad Emstal-Sand, die auch bei der Betreuung der Geologisch-mineralogischen Abteilung hilft. Um die Jahrtausendwende weitet Frau Marlies Heer, damals noch aus Gudensberg, diese Anstrengungen durch eigene thematische Initiativen aus, wobei sie sich aber nicht als Konkurrenz sondern als Ergänzung sieht. Daneben gibt es hin und wieder kleinere technische Kurse, wie sie Wolfgang Schütz aus Holzhausen/Hahn u. a. gestaltet. Ganz umsonst können diese aber, auch wegen des Materialaufwandes, nun nicht mehr sein, was zu Diskussionen führt.

25 Jahre Kinderkurse im Museum Fritzlar

Seit 1971 bin ich Mitarbeiterin hier im Museum Fritzlar. Früher trafen wir uns jeden Dienstag zum Arbeitsabend, an dem jeder seine besondere Aufgabe hatte. Es gab damals schon eine kleine Steinsammlung. Als aber ca. 1980 das Patrizierhaus zum Museums­komplex dazu kam, ergab sich für mich die Gelegenheit hier in diesem Gebäude die Geologisch- Mineralogische Abteilung aufzubauen.

Wir beschäftigten uns hauptsächlich mit Steinen und Mineralien.

Ur- und Frühgeschichte, also besonders die Steinzeit mit einem schönen Spiel, ist bis heute sehr beliebt. Das Lieblingstier war immer auch das Mammut, besonders in den letzten Jahren wo es „Ice Age“ gibt mit Manni und Elli und ihrem Kind.

Funken mit Feuerstein schlagen, Getreide mahlen, mit Werkzeugen hantieren, alles wurde ausprobiert.

Viele Bücher habe ich angeschafft, um den Unterricht möglichst interessant zu gestalten. Die Kinder hatten es gern wenn ich ihnen etwas vorgelesen habe, natürlich auch die Märchen der Brüder Grimm. Literatur über Dinosaurier gab es damals fast gar nicht, aber später war es natürlich ein tolles Thema. Schon 1985 haben wir eine Ausstellung mit den Kinderzeichnungen gemacht, die große Beachtung gefunden hat. Später haben wir die Zeit auf 15-16 Uhr verkürzt, den Donnerstag ausgewählt und auch das Alter auf 7-9 Jahre festgelegt.

Die Kinder bekamen auch immer wieder mal schöne Steine geschenkt und konnten sich eine kleine Sammlung damit aufbauen. Im Hochzeitshaus haben wir die Öfen, den Flugapparat, die Dachziegeln und vieles mehr angeschaut. Die Stadtgeschichte hat die Kinder auch sehr interessiert und Bonifatius mit der Eiche war ein beliebtes Malmotiv. Der Graue Turm mit dem Gefängnis, dem Pranger davor und dem Abtritt waren bei den Stadtrundgängen sehr beliebt. Den Dom haben wir natürlich auch besucht und im Domschatz das Heinrichskreuz bewundert. (1020-2020). 1991 hat die Jugendgruppe sich intensiv mit den Schmucksteinen im Heinrichskreuz beschäftigt, was eine sehr anspruchsvolle Aufgabe war.

Beim Stadtrundgang wurden die Neidköpfe gesucht. Manchmal haben wir die Eltern und Geschwister eingeladen und die Kinder haben sie durch die Stadt geführt. Immer wieder haben wir Bernstein oder Edergold (s. Veröffentlichungen) durch das Mikroskop angesehen und bestaunt. Specksteinfiguren zu schnitzen hat auch sehr viel Freude gemacht.

Die Geschichte von St. Martin unserem Stadtpatron, spielte eine wichtige Rolle und wir gingen zusammen zum Lampionumzug. Die großen Kinder haben aus Holz Martinslaternen gebaut und die Scheiben mit Glasmalerei verziert. Auch für den Dom haben sie ein große Laterne gebastelt.

      Die Jugendgruppe und die älteren Kinder haben im Rahmen vom Weihnachts­und Ostermarkt einen Flohmarkt gemacht. Von dem Erlös wurden teilweise die Unkosten für Malmaterial und andere Sachen abgedeckt.

      Großes Interesse konnte ich bei den Kindern wecken, wenn ich ihnen Dias gezeigt habe. Zum Beispiel über Fritzlar, Island Nepal, Sizilien mit dem Ätna, Vesuv mit Pompeji und Herkulaneum, oder Australien weil wir 3.5 Milliarden Jahre altes Gestein von dort in der Abteilung haben. Sogar einen „Didgeridoo“­-Spieler, Florian Schäler, hatten die Kinder ausfindig gemacht. Herr Müller aus der Nachbarschaft hat mit uns 2006 einen faszinierenden Zeichenkurs angeleitet und durchgeführt.

Dass dies alles bis heute so gut funktioniert, ist nur mit der großen Unterstützung von Frau Silvia Penka möglich. Sie ist seit 10 Jahren Mitarbeiterin im Museum, hat Ägyptologie studiert und kann somit den Kindern viel über dieses Land erzählen. Ihr Wissen um die Mineralogie ist beachtlich und ich bin sehr froh, sie an meiner Seite zu haben. Oftmals übernimmt sie schon selbständig die Kinderkurse. Für ihre tolle Leistung , die weit über ein normales Maß hinausgeht, möchte ich mich sehr herzlich bei ihr bedanken. Allen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die in den vielen Jahren an den Aktivitäten teilgenommen haben, danke ich für ihr Vertrauen, ihre Treue und das Engagement. Besonders habe ich mich gefreut, wenn einige mit auf die tollen Mineralienbörsen nach München oder Hamburg gefahren sind. Auch den schönen Klanggarten hinter dem Haus verdanken wir den Jugendlichen. Der Lohn für unsere Arbeit wäre perfekt, wenn keiner der Kursteilnehmer jemals sagen würde“ Museum ist langweilig“.

Wir hoffen, dass alle gerne an unser Beisammensein, umgeben von der Wunderwelt der Mineralien, zurückdenken.

Abschließend möchte ich noch 2 Familien dankbar erwähnen:

Schöffler: Daniel als erstes Kind, Laura Island, Simon VFMG und Bänkchen

Faupel: Andrea Kasse, Claudia, Stefan Trümper, Helena die Tante war schon im Kurs.

Marianne Schrammel 2009

Nachtrag:

Es wird den Kindern nicht nur vor- und mit ihnen gelesen, manch´ Gedicht wird verfasst und bisweilen auch vertont. Dazu gehört auch ein Text, der die Erlebnisse im Museum beschreibt und nach der Melodie „Ein Vogel wollte Hochzeit machen…..“ gesungen wird:

Museumsjugend

Themen für kleinere Kinder, Kinderferienspiele und die „Kinderakademie“ der König-Heinrich-Schule mit Marlies Heer, Dr. Johann-Henrich Schotten und Wolfgang Schütz

1995

Auf Anregung der Lehrerin Anne Faupel, Gudensberg, kommt es zu einem Kinderkurs, dessen Ablauf sich an die Arbeiten von Harm Paulsen in Schleswig anlehnt, der damals schon als Experimentalarchäologe sehr bekannt und „Forseti“ (Vorsitzender) der Wikingergruppe „Opinn Skjöld“ („Offener Schild“) ist, auf die ursprünglich die „Wikingertage“ an der Schlei zurückgehen. Er liefert auch ein Teil des Materials, wofür ihm hier gedankt sei. (s. a. Museumsgeschichte1995)

Bogenbaukurs: Unter der Leitung von Dr. Schotten führt das aktive Mitglied Wolfgang Schütz aus Holzhausen/Hahn mit den Teilnehmern der Schrammel´schen Kinder- und Jugendkurse einen mehrwöchigen Lehrgang zum Bau von Wikinger-zeitlichen „Langbögen“ und zugehörigen Pfeilen durch. Zu diesem Zwecke besorgt uns der Schreiner Alfons Bischof vom Burggraben Anfang Mai das geeignete Holz. Nach der langwierigen Arbeit, für welche die Halbwüchsigen nicht immer alle Geduld haben, werden die Geräte doch fertiggestellt.

Den Höhepunkt bildet das Übungsschießen mit einem Zeltlager an einem, von den jeweiligen Eltern genehmigten Wochenende, das wir durch die engagierte Mithilfe von Markus Bischof auf dem Gelände der „Hubertushöhe“ durchführen können. Aus diesem Ereignis entwickelte sich die Idee der „Museumsjugend“, die in den Folgejahren sehr aktiv wird.

1998

Zu den Aktivitäten für die Museumsjugend gehört dann auch eine allmähliche spielerische Heranführung an die praktische Tätigkeit in einem Museum und die archäologische Arbeitsweisen im Rahmen der Forschungen zur Stadtgeschichte.

Dabei kommt es auch zu Beschäftigungen mit Befunden und Funden außerhalb des Museums.

Das Hauptprojekt dieses Jahres bildet aber die Gestaltung der Ausstellung zur „Geschichte der Fritzlarer Gaststätten“ (s. Museumsgeschichte 1998), das ohne die engagierte Mitarbeit der Jugendlichen gar nicht zu meistern gewesen wäre. Die handwerkliche Überholung des Vitrinen- und sonstigen Mobiliars, die Restaurierung von technischen Gerätschaften, die unter der Anleitung von Egon Schaberick wieder ansehnlich werden, beansprucht viele Nachmittage, da es ja auch noch schulische Ansprüche zu erfüllen gilt.

Aus der Gestaltung der Ausstellung (s. o. Museumsgeschichte 1998) ergibt sich zwangsläufig die Frage, wer denn die zahlreichen und durstigen Gäste betreuen soll. Da erlaubt sich die Museumsjungend den Spaß aus eigenem Vergnügen an den betreffenden Nachmittagen und Abenden (bis jeweils 22:00 Uhr) ehrenamtlich das Personal zu stellen.

(9. Oktober): Die Museumsjugend darf (gewissermaßen als Belohnung für ihre Mitarbeit) auf Initiative von Alexander Kramer (wobei man in dem Bürofachgeschäft Fischer-Kramer die zugehörigen Karten erwerben kann) und Kai Hilgenberg ein sog. „Magic Turnier“ unter dem Titel „The Gathering“ in den Räumen der Ausstellung veranstalten. Es handelt sich um eines der populären Kartenspielwettbewerbe aus dem Umfeld der „Dungeons and Dragons“ Computerspiele, die eine Mischung von analogen und digitalen Elementen beinhalten. Der Tag läuft lebhaft aber friedlich und schadensfrei ab.

Dieses Bild hat ein leeres alt-Attribut; sein Dateiname ist AK-352-199810.09.-Kartenturnier-1024x740.jpg.

1999

(30.-31. Oktober): Nachdem die Museumsjugend bereits die Ausstellung zur „Mittelalterarchäologie in Fritzlar“ (s. o. Museumsgeschichte 15. September bis 31. Oktober 1999) mit aufgebaut hatte, muss sie diese nach ihrem Ende auch schnell wieder abmontieren. Um sich den mühsamen Transport der Ausstellungsstücke aus dem 2. OG. des Patrizierhauses und die erneute Einlagerung in den hochgelegenen Archiven des Hochzeitshauses etwas zu erleichtern, konstruieren die Jugendlichen eine Lastenseilbahn, um die Distanz zwischen den beiden Gebäuden zu überbrücken. Tatsächlich gelingt der Transport ohne irgendwelche Schäden am Fund- bzw. Ausstellungsgut!

2000

Die Kenntnisse der Museumsjugend sind inzwischen so weit entwickelt, sie eigentlich auch Aufsicht machen und dabei fachliche Auskünfte geben kann. Dazu wird ein Grundkurs über die Abteilungen angeboten.

Leider beginnt für diese Gruppe der Museumsjugend, bei der es sich überwiegend um Gymnasiasten handelt, im laufenden Jahr der Weg in die anspruchsvollere Oberstufe, so daß für die Mitwirkung zukünftig weniger Zeit bleibt.

2006

2008

Wenn es beim Besuch von Schulklassen (Grund-, Haupt- und Realschulen sowie Gymnasien) um das Kennenlernen des mittelalterlichen Fritzlar geht, ist die spielerische Erläuterung des Begriffes „Stadt“ besonders beliebt. Dr. Schotten ermöglicht es den Kindern mit Hilfe von Papiermodellen sich so eine selbst zu erschließen, zu entwerfen und dann zu diskutieren. Hier Beispiele aus den Jahren 2008 und 2011.

2009

Die sog. „Kinderferienspiele“ sind ursprünglich eigentlich eine städtische Einrichtung, es wird aber gern gesehen, wenn sich private Anbieter dort einbringen bzw. engagieren. Nachdem ver-schiedene Aktivitäten für Kinder von Marianne Schrammel und Marlies Heer schon sehr er-folgreich waren, wird diesmal ein praktisches und auch wissens-wertes Allerlei im „Museum zum Kennenlernen“ angeboten. Tat-sächlich gelingt es den „bunten Haufen“ während der Sommer-ferien zu beschäftigen und bei Laune zu halten, wobei sich die textilen Fertigkeiten größerer Hingabe erfreuen. Besonders das gemeinsame Kochen und der anschließende Verzehr bringt Freude, vor allem für Kinder, die bislang nur aus dem Kühlschrank oder dem Reformhaus ernährt wurden.

2010

Im 1. Halbjahr führt Frau Marlies Heer wieder einen längeren Kurs für Vorschul-kinder durch, der durch alle Abteilungen des Regionalmuseums führt und mit viel spielerischer Kreativität und Spass verbunden ist.

2011

(1. bis 4. August): In diesem Jahr wird in Zusammenarbeit mit der König-Heinrich-Schule von Frau Heer überlegt, ob es möglich ist, einen Aspekt des Lebens in einer mittelalterlichen Stadt einmal praktisch zu erproben. So entwickelt sich das Thema „Mönch und Nonne“ – Ora et labora.

Dankenswerterweise helfen Frau Elfriede Grein, Herr Gunther Hehenkamp, Frau Silvia Penka, Herr Dr. Schotten und Frau Marianne Schrammel bei der Programmgestaltung

Zunächst gibt Dr. Schotten eine kleine Einführung in das Wesen von Einsiedlern, Mönchen und Nonnen und die Entwicklung zu den Klöstern des Mittelalters, wie wir sie kennen. Zur Erläuterung eines Klosterkomplexes und seiner Funktionen hatte zuvor Dr. Schotten in etwa 2 Wochen das Papiermodell des Klosters Fontenay in Burgund erstellt, das es als Ausschneidebogen des französischen Verlages „Instant durable“ gibt. Es wird von allen Teilnehmern heftig darüber diskutiert, und es ergeben sich bisweilen erstaunliche Kenntnisse und Meinungen zu so einer „kleinen Stadt“ (der Verbleib des Modells nach 2016 ist nicht bekannt).

In mühsamer Kleinarbeit hat Frau Heer für unsere jungen „Novizen“ Kostüme fertigen lassen, so daß eine eindrucksvolle Gruppe klösterlichen Nachwuchses entsteht, der in der Stadt, aber auch in der Stiftskirche St. Peter (vulgo „Dom“) Eindruck macht. Hier hat sich Herr Hehenkamp bereit erklärt den, zumeist eher nicht katholisch getauften, Kindern sehr pädagogisch geschickt und kenntnisreich Gestalt sowie Wesen der Kirche zu erläutern. Tatsächlich wirken alle Beteiligten sehr beindruckt.

Frau Schrammel und Frau Penka zeigen am Beispiel des „Heinrichkreuzes“ in der Geologisch-mineralogischen Abteilung (Original im Domschatz), welche handwerklichen Fähigkeiten aus dem Mittelalter überliefert sind. Im „Scriptorium“ erteilt Elfriede Grein zunächst eine erste Lateinstunde, an die sich auch ein Gesangsunterricht anschließt. Anschließend führt Dr. Schotten die „Novizen“ in das Handschreiben mit Feder und Tusche ein. Bei einigen der Mitwirkenden zeigt sich eine schnelle Auffassungsgabe und Fingerfertigkeit, andere tun sich schwerer, vor allem, wenn sie Linkshänder sind (an die dafür benötigten speziellen Federn hat keiner von uns vorher gedacht), aber jeder bringt schließlich etwas Lesbares zustande, das er am Donnerstag in der Schule vorführen kann.

Für die anderen handwerlichen Fähigkeiten und die richtige Pflege eines Klostergartens gibt Frau Heer ihre Anleitungen, und so manches selbst-gebackenes Brötchen und andere Produkte finden ihren Weg bis nach Hause.

Wir können abschließend davon ausgehen, daß alle Teilnehmer, Jungen wie Mädchen, nun eine etwas deutlichere Vorstellung haben, was kirchliches Leben im Mittelalter bedeutet (zu diesem Zeitpunkt zeichnen sich die Vorgänge bei den Prämonstratensern noch nicht ab).